Aus Ausgabe 2/98 (August)

Torsten Froese nach 16 Tagen Haft in Weiterstadt wieder frei


Nachdem Torsten Froese rechtswidrig 16 Tage in der JVA Weiterstadt inhaftiert war, hatte die dagegen eingereichte Haftbeschwerde Erfolg, woraufhin Torsten umgehend entlassen wurde. Im Gegensatz zu seiner Haft ist das Verfahren natürlich noch lange nicht zu Ende.

Ein kurzer Rückblick

Torsten Froese ist am 23.06. von Richterin Mickerts am AG Frankfurt/ Main, noch bevor seine Verhandlung gegen ihn wegen Dienstflucht richtig begonnen hatte, ohne jegliche Rechtsgrundlage in Haft genommen worden. (vgl. OU 1/98, S. 5f.) Nachdem er in Handschellen aus dem Gerichtssaal heraus geführt worden war, ihm anschließend auch noch Fußschellen angelegt wurden, verbrachte er zunächst eine Nacht in Preungesheim (Knast in Frankfurt). Bis zum Anbruch des darauffolgenden Tages war Torsten sowohl für die beiden Wahlverteidiger, als auch für den sofort eingeschalteten Frankfurter RA Künzel unauffindbar.

JVA Weiterstadt

Am nächsten Morgen konnte RA Künzel ein kurzes Gespräch mit Torsten führen, bevor er in die JVA Weiterstadt überführt wurde. In Weiterstadt saß Torsten dann weitere 16 Tage ein, bei einer halben Stunde Besuch pro Woche. Telefonieren durfte mensch mit ihm nicht. Der Informationsfluß war dementsprechend dürftig. Torsten ließ sich davon jedoch nicht unterkriegen (Totalverweigerer sind halt zääääh). Trotz der widrigen Bedingungen überstand er die völlig überraschende Inhaftierung den Umständen entsprechend ganz gut. In der Zwischenzeit hatte Richterin Mickerts bereits einen neuen Verhandlungstermin für den 14.07.98 angesetzt. Und um ganz sicher zu gehen, sollte diese Hauptverhandlung gleich mal im großen Staatsschutzsaal des Frankfurter AG´s (dort, wo auch Birgit Hogefeld verhandelt wurde) unter massiven sitzungspolizeilichen Maßnahmen stattfinden. Man kann ja nie wissen.

Haftbeschwerde

Derweilen wurde von RA Künzel eine Haftbeschwerde eingelegt, über die das LG Frankfurt zu befinden hatte. Dem nach Geschäftsverteilungsplan zuständigen Richter Schaumburg war dieses Verfahren nicht ganz unbekannt, denn seine Kammer hatte bereits über die Beschwerde von Detlev Beutner und Jörg Eichler gegen den ablehnenden Beschluß des AG bezüglich deren Antrages auf Zulassung zum Wahlverteidiger (gem. §§ 137, 138 II StPO) zu entscheiden. Damals hatte er sich noch hinter die Entscheidung von Richterin Mickerts gestellt und die beiden Wahlverteidiger abgelehnt, da "selbst bei einem Rechtsstudenten nicht davon auszugehen [ist], daß er genügend sachkundig ist, um in juristförmigem Verfahren eine Verteidigung ordnungsgemäß zu führen. Bei einem Mathematikstudenten gilt dies um so mehr." (das Wort "juristförmig" ist allerdings weder dem Jurastudenten noch dem inzwischen Diplom-Mathematiker noch einem für uns erreichbaren Wörterbuch bekannt; Lästermäuler meinen, es sei frei erfunden...)

Durch diesen Beschluß hatte er sich zumindest unter Totalverweigerern nicht gerade den Ruf eines guten Juristen eingehandelt, denn wie kann zwei Totalverweigerern, die sich bereits seit mehr als fünf Jahren auch mit der juristischen Problematik der TKDV intensiv beschäftigen, die hierfür notwendige Sachkunde abgesprochen werden, wenn § 138 Abs. 2 StPO davon ausgeht, daß die Verteidigung auch von Bekannten oder Verwandten übernommen werden kann. Somit geht es in dieser Regelung ja gerade darum, den Kreis der möglichen Verteidiger um Nichtjuristen auszudehnen.

Die daher vorhandene Skepsis erwies sich in diesem Fall jedoch als unbegründet. Richter Schaumburg selbst benötigte für die Entscheidung, den Haftbefehl als rechtswidrig zu erkennen und sofort aufzuheben, nicht einmal 24 Stunden. Das Problem war nur, daß die Haftbeschwerde erst einmal auf seinem Schreibtisch landen mußte und dies geschah erst am 08.07. Bis zu diesem Zeitpunkt schlummerte das Schriftstück in den Schreibstuben des AG in der Geschäftsstelle von Richterin Mickerts. Diese hatte die Beschwerde nicht ans LG weitergereicht, sich unterdessen aber krank gemeldet, womit die Beschwerde erst mal blieb wo sie war.

Es ist schon recht eigentümlich, daß mensch in einem Land, das sich aller Nasen lang seiner Freiheitlichkeit und Rechtsstaatlichkeit rühmt, zunächst ohne jegliche Rechtsgrundlage inhaftiert werden kann und erst reichlich zwei Wochen ins Land gehen müssen, bis diese Maßnahme wieder aufgehoben wird, weil eine Richterin krank ist und deren Geschäftsstelle es schlicht verpennt, eine Akte weiterzureichen. Verwunderlich vor allem, weil das hier zur Anwendung gekommene Mittel - Freiheitsentzug - doch die vielbeschworene "schärfste Waffe der Gesellschaft" sein soll, deren besonnener Einsatz allerorts angemahnt wird, dieses Verfahren jedoch eine recht laxe und inflationäre Umgehensweise damit verrät. Die Brisanz wird deutlich, wenn mensch bedenkt, daß dieser Fall sicherlich in seinen äußeren Ausprägungen Besonderheiten aufweist, was ihn allerdings noch lange nicht zum Einzelfall macht.

Ausblick...

Der von Richterin Mickerts angesetzte Verhandlungstermin für den 14.07.98 ist wegen nicht eingehaltener Ladungsfrist - sie hatte vergessen, Torsten die Ladung in die JVA zuzustellen - aufgehoben worden. Eine neue Terminierung wurde bis jetzt noch nicht vorgenommen.

Von Seiten der Verteidigung wird nunmehr ein Antrag auf Ablehnung der Richterin wegen Besorgnis der Befangenheit eingereicht werden. Da dieser auch größte Aussichten auf Erfolg hat, sind Hoffnungen, daß mit einer/m neuen Richter/in wieder ein wenig Ruhe einziehen wird und damit zumindest solch brachiale Verstöße gegen die StPO in Zukunft ausbleiben werden, nicht ganz unberechtigt. In der kommenden Hauptverhandlung wird Torsten von RA´in Barbara Kramer und - so eine Zulassung erfolgt - seinen Wahlverteidigern verteidigt werden.

Ein Verfahren mit Besonderheiten wird es indes durch Doppelbestrafungsproblematik und Klageerzwingungsverfahren bleiben. Hinzu kommt, daß die durch Vorkommnisse am 23.06. im AG Frankfurt noch ein nicht unerhebliche Rattenschwanz erzeugt werden wird: Gegen Torsten läuft nun noch zusätzlich ein Ermittlungsverfahren wegen Körperverletzung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte. Aber auch er ist nicht faul - Torsten und seine VerteidigerInnen haben angekündigt, Strafanzeigen gegen Richterin Mickerts wegen Rechtsbeugung und gegen diverse Gerichtswachtmeister wegen Strafvereitlung und Körperverletzung (mensch denke nur an das gebrochene Schlüsselbein des Wahlverteidigers) zu stellen. Auf den weiteren Verlauf des Verfahrens darf mensch also gespannt sein. (je)

Offener Brief von Torsten Froese


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