Aus Ausgabe 3/98 (Oktober)

Absurder Verdacht: Antimilitarist soll gegen Kriegswaffenkontrollgesetz verstoßen haben


Einer der wohl ungewöhnlichsten Strafprozesse gegen einen Antimilitaristen in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland wird Ende November vor dem AG Wolmirstedt stattfinden. Malte Fröhlich aus Stendal soll sich wegen Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz (KrWaffG) und Diebstahls verantworten.

Mit Anschluß der DDR an die Bundesrepublik Deutschland hat die Bundeswehr als Rechtsnachfolgerin der Wehrmacht deren Besitz eingeklagt. Auch das Naturgebiet „Colbitz-Letzlinger-Heide“ in der Altmark (Sachsen-Anhalt), um das es im folgenden gehen soll, gehörte einst der Wehrmacht.

Mittlerweile befindet sich auf diesem Gelände einer der modernsten Gefechtsübungsplätze Europas. Bevor die Bundeswehr die Heide „einnahm“, verkündete sie lauthals, daß sie zivile Arbeitsplätze schaffen und die Heide von Altlasten befreien werde. Wie es nun mal mit den Versprechungen so ist, sind diese zum Nachteil der Bevölkerung nicht bzw. vernachlässigt umgesetzt worden.

Um auf diesen Mißstand hinzuweisen, haben einige Mitglieder der Bürgerinitiative „Offene Heide“ den Entschluß gefaßt, die Heide selbst von Altlasten zu befreien. Anfang 1997 machten sie sich dann an die Arbeit. In einer symbolischen Aktion entsorgten sie zuerst zwei Autowracks, was bei der Bundeswehr leider nicht auf Gegenliebe stieß. Der zuständige Kommandeur drohte sogar mit einer Strafanzeige wegen Diebstahls und Hausfriedensbruchs.

Unbeeindruckt dessen zogen die Aktivisten erneut am 23. Juni 1997 mit Autokran, LKW und Anhänger in die Heide; diesmal holten sie das Wrack eines sowjetischen Schützenpanzerwagens heraus. Ein „anonymer Hinweisgeber“ teilte dies sofort der Polizeidirektion Stendal mit. In Absprache mit der Staatsanwaltschaft Magdeburg haben am gleichen Tag Polizeibeamte auf dem Hof des 31jährigen Antimilitaristen Autokran und LKW mit Anhänger samt aufgeladenem Panzerwrack beschlagnahmt.

Ein kriegswaffenkundiger Bundeswehroffizier erkannte im Handeln des Antimilitaristen einen Verstoß gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz. Laut § 3 Abs. 1 KrWaffG bedürfen Transporte von Kriegswaffen der Genehmigung; wer dagegen verstößt, kann nach § 22a Abs. 1 Satz 3 KrWaffG zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren verurteilt werden. Bei fahrlässigem Handeln drohen dem Beschuldigten nach § 22a Abs. 4 KrWaffG bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe oder eine Geldstrafe.

Die Staatsanwaltschaft erließ einen Strafbefehl in Höhe von 1.200,- DM, wogegen Antimilitarist Fröhlich Einspruch einlegte. Mit Spannung wird jetzt die Entscheidung des Amtsgerichtes in Wolmirstedt erwartet.

Lothar Wesolowski

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