Aus Ausgabe 6/93 (Dezember)

UN-Soldaten in Sarajevo


"UN-Soldaten sind Kriegsgewinnler, die keiner kontrollieren kann. Sie schlemmen in einer sterbenden Stadt, in der Doktor Ceric jede Woche neue Heroinsüchtige behandelt, wo minderjährige Mädchen ihre Körper an UN-Soldaten verkaufen, um essen zu können, und wo ein alter Mann eine schwarze Samtschachtel fest umklammert und einen französischen Teenie-Soldaten zu überzeugen versucht, daß der Ehering seiner Frau mehr wert ist als ein paar Pakete Marlboro."

So beendet Maggie O'Kane, Korrespondentin der britischen Tageszeitung The Guardian, ihre Reportage vom 26. August 1993, in der sie enthüllt, wie die UN-Truppen Korruption, Prostitution und Rauschgift im ehemaligen Jugoslawien verbreiten. ähnliche Enthüllungen brachte auch ein britischer Fernsehbericht an den Tag.

Rauschgift in Massen

Der Rauschgiftverkauf ist kräftig angestiegen, seit die UN-Truppen im August 1991 nach Sarajevo kamen. Im März diesen Jahres brachte ein Konvoi weißer UN-Lastwagen Obst zu den ukrainischen Soldaten. Heroin mit einem Verkaufswert von 300.000 DM war in den Apfelsinen versteckt. In Professor Cerics Rauschgiftabteilung im Kosovo-Krankenhaus in Sarajevo hat sich die Zahl der registrierten Drogenabhängigen seit Ankunft der UN-Truppen versechsfacht.

Soldaten sind nicht nur potentielle Vergewaltiger

Männer bringen ihre Frauen zu den UN-Kasernen und verhandeln mit den Soldaten über den Preis einer Nacht. Die Anzahl der Berufsprostituierten hat sich verzehnfacht, aber das wirklich Neue ist, daß sich verheiratete Frauen für Lebensmittel verkaufen.

UN-Soldaten haben aber auch regelmäßig ein serbisches Bordell bei Sarajevo besucht, in dem muslimische und kroatische Frauen zur Prostitution gezwungen wurden. Gleichzeitig haben die Blauhelme eine offizielle überprüfung dieses Lagers als "nicht zu ihrem Auftrag gehörend" abgelehnt. Dies wurde nach einer sechsmonatigen Recherche durch den am 1. November veröffentlichten Bericht des Journalisten Roy Gutman bekannt.

Aus dem Artikel geht nicht hervor, ob sich die Soldaten darüber im klaren waren, daß die Frauen Gefangene waren. Obwohl die bosnische Regierung die Leitung des UN-Kontingents in Sarajevo mehrmals auf die Existenz dieses Lagers aufmerksam gemacht hatte, sei keine Untersuchungskommission in das Lager geschickt, kein Bericht an die übergeordneten UN-Stellen gesandt worden. Erst nach Veröffentlichung des Berichts hat die UNO angekündigt, den von Gutman erhobenen Vorwürfen nachzugehen. Sollten sich die Beschuldigungen dabei bestätigen, müßten die Blauhelme vom "Internationalen Tribunal für Kriegsverbrechen im ehemaligen Jugoslawien" verurteilt werden. (Detlev Beutner; nach: Inprekorr Oktober 1993, taz 3.11.93)


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